"Darf’s auch ein bisschen mehr sein?"

Guido Kunze mit ordentlicher Premiere des Einheitslaufes



Der Thüringer Laufkalender ist mit Marathonläufen nicht so reichhaltig gesät, Platz also durchaus im Laufherbst 2004 für die Premiere eines weiteren Landschaftsmarathons. Und wozu auch immer in Berlin für teures Geld auf dem Kuhdamm drängeln, wenn man es doch vor der Haustür so schön hat. Überhaupt, warum erst 15 Jahre ins Land gehen mussten, ehe die Idee eines Laufes auf dem ehemaligen Todesstreifen zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit geboren wurde? Mühlhausens Ultralangstreckenläufer Guido Kunze ist die erfolgreiche Umsetzung zu danken. Rund 400 Läufer und Läuferinnen aus ganz Deutschland waren neugierig auf ein „landschaftlich wunderschönes Gebiet im Thüringer Wald zwischen Thüringen und Hessen“, wie der Nationalpark Hainich etwas großzügig im Ausschreibungstext umschrieben war. Die Meldeadresse in Bonn und die insgesamt etwas spärlichen Informationen im Vorfeld des Laufes stimmten die vier Laufpioniere vom USV Erfurt schon etwas auf Abenteuer ein. „Es soll ein Lauf sein, der mehr ist als ein reiner 42 Kilometerlauf…“, auch hier sollten die Organisatoren nicht tiefgestapelt haben. Schon am Start machte das Gerücht die Runde, dass die Strecke etwas länger sein sollte. 45 Kilometer gaben die Veranstalter offiziell auf der Teilnehmerurkunde an, von 50 Kilometern berichtete dann die „Thüringer Allgemeine“ und auch die Halbmarathon-Siegerzeit von Nino Dell (1:48.33) lässt vermuten, dass man sich kräftig vermessen hatte. Grundsätzlich kein Problem, wenn man einen „Ultralauf“ auch als solchen ankündigt, kann sich der Läufer mental darauf einstellen und quält sich vielleicht nicht ganz so auf den immer länger werdenden letzten Kilometern, aber zurück zum Lauf.

Der Start im Mühlhäuser Stadion erfolgte „fliegend“ und ohne Startschuss, weil einer loslief und die anderen hinterher stapften. Die ersten 5 Kilometer leicht ansteigend durch den Stadtwald, dann kam der Regen und mit ihm die ersten Leiden. Die Feuchtigkeit hatte der Strecke zugesetzt und phasenweise schlingerte ich über die matschigen Wege. Die Cross-Schuhe stehen im Garten, dachte ich mir nur. Immerhin kam die Sonne gelegentlich auch mal zurück und als dann die Höhe oberhalb Treffurts erklommen war und sich ein schöner Blick auf die Werra bot, fühlte ich mich für die Mühen belohnt. „Jetzt geht das erst richtig los“, holte mich ein einheimischer Läufer aus meinen Träumen zurück. Beim folgenden Bergablauf musste man aufpassen, weil es auf den Platten des ehemaligen Grenzweges höllisch glatt wurde. Nochmal was Trinken, dann sollte der letzte größere Anstieg folgen. Er zog sich in die Länge. Die ersten zwei Frauen stapften an mir vorbei, ich nahm wie viele andere eine Auszeit und ging die steilsten Stücke. Einer erzählte mir, dass dies sein erster Marathon sei. „Da hättest du dir aber was Leichteres aussuchen können“, bewunderte ich seinen Mut. Nach lange währenden Kilometern durch weitgehend unberührte Natur rückte ein alter Wachturm in den Blick, dann war Katharinenberg erreicht. Ein paar freundlich klatschende Menschen, gute Versorgung und viele Helfer an der Strecke vermittelten mir den Eindruck, dass ich nicht ganz so einsam war. Immerhin führte ein eifrig mitzählender Zuschauer mich noch auf Platz 25. Am nächsten Anstieg (es war immer noch nicht vorbei mit den Höhenmetern) schimpfte ein Passant lauthals auf die Organisatoren: „Wer sich die Strecke ausgedacht hat, der gehört …“ - „Wir sind alle freiwillig dabei“, entgegnete ich trotzig, obwohl sich die ersten Krämpfe in den Oberschenkeln meldeten. Also wieder etwas Gehen, wieder Loslaufen, das Übliche. Es ging wieder über schöne Waldwege und langsam kam ich wieder in Tritt. Die Runde war geschafft als wir am Verpflegungspunkt wieder auf die Startstrecke trafen. Immerhin hatte man jetzt eine etwas genauerer Peilung über die verbleibenden 9 Kilometer, die wirklich fast ausschließlich bergab gingen. Wie bei mir üblich, ging es in Sichtweite des Zieles wieder besser. Ich überholte noch zwei Läufer vor mir und sah beim Zieleinlauf auf der sonnigen Stadionrunde eigentlich auch wieder ganz gut aus. 4:45:20 für ein Marathon schlapp, für einen anspruchsvollen 50 Kilometerlauf gar nicht so schlecht. Immerhin reichte es unter knapp 200 Finishern noch zu Platz 41. Meine drei Vereinskameraden waren alle schon da. Peter Flock belegte gar einen beeindruckenden 5. Platz und war nicht nur bester Erfurter sondern gewann auch die AK-Wertung in 3:58:20. Frank Becker in 4:16:33 auf dem 17. Platz (5. in der M40) und Olaf Weiß als 31. in 4:32:47 (8. in der M35) komplettierten das gute Abschneiden der USV-Läufer. Nicht verschweigen will ich, dass Ralf Buckler vom LTV Eichsfeld in 3:16:02 überlegen gewann und auch die beste Frau, Katharina Baudisch mir am Ende noch 25 Minuten abgenommen hatte. Trotz aller Kritik ziehe ich eine positive Bilanz des ersten Einheitslaufes und hoffe mit den fleißigen Organisatoren, dass es einen 2. oder auch einen 3. Lauf geben möge. Ob ich allerdings selbst wieder mitlaufe, muss ich mir sorgsam überlegen. Ultraläufe sind eigentlich nicht mein Metier.

Jens Panse

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