Was haben der IBM-Gründer Thomas J. Watson (1874—1956), der italienische Jesuitenpriester Roberto Busa (1913—2011) und der einflussreiche mittelalterliche Geistliche Thomas von Aquin (1225—1274) gemeinsam? Alle drei spielen eine Schlüsselrolle in der Begründung der sogenannten Digital Humanities (DH) – eine Disziplin und Praxis, die die Geisteswissenschaften und die Informatik zusammenbringt und so der Forschung ganz neue methodische Zugänge eröffnet hat und noch eröffnen wird. Busa und Watson taten sich bereits in den 1950er-Jahren zusammen mit dem damals noch tollkühnen Vorhaben, das Gesamtwerk von Thomas von Aquin automatisiert zu analysieren. In 30 Jahren Arbeit wurden die Texte – zunächst mittels Lochkarten – maschinenlesbar gemacht und sprachwissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis war nicht nur die erste maschinell durchsuchbare Textsammlung, veröffentlicht im sogenannten Index Thomisticus, sondern auch die Erkenntnis seitens vieler Geisteswissenschaftler, wie hilfreich und fruchtbar technische Methoden für die geisteswissenschaftliche Erkenntnisgewinnung sein können. Seitdem wurde immer wieder an der Verquickung der beiden Disziplinen gearbeitet, einen richtigen Aufschwung brachten jedoch erst das Aufkommen der digitalen Medien und die rasche Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten in den vergangenen beiden Jahrzehnten. Heute sind die Digitalen Geisteswissenschaften allgegenwärtig und gerade erst dabei, ihr wahres Potenzial zu finden und auszuschöpfen. Auf der ganzen Welt haben sich DH-Arbeitsgruppen gegründet; es gibt DH-Netzwerke, DH-Professuren, DH-Studiengänge, Konferenzen und Workshops. Und während die erste Generation der "Digital Natives", für die der Umgang mit den digitalen Medien in den unterschiedlichsten Lebensbereichen seit jeher Alltag ist, ihr Studium beginnen, haben auch die Hochschulen das Thema ganz oben auf ihre Agenda gesetzt. Der Universität Erfurt war dabei daran gelegen, mit einer DH-Koordinatorin das Thema auch institutionell zu verankern. Seit diesem Herbst ist hier nun die Theologin und Informationswissenschaftlerin Dr. Katrin Ott für die Implementierung, Weiterentwicklung und Beratung rund um die Digital Humanities zuständig. Mehr