In verschiedenen Veranstaltungen erinnert die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt in diesem Jahr an die Ereignisse der „Friedlichen Revolution“ im Herbst 1989. Über viele Jahre hat insbesondere die „Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte“ an der Erfurter Fakultät diese historischen Ereignisse untersucht. Diese fanden in unmittelbarer Nachbarschaft des damals im Stadtzentrum gelegenen Philosophisch-Theologischen Studiums statt. Für die heute Studierenden und damit Nachgeborenen, erklärt Dekan Prof. Dr. Michael Gabel, müssen die damaligen Vorgänge und die Rolle von Christen dabei erneut in Erinnerung gebracht werden. Dieser Aufgabe stelle sich die Fakultät. Zugleich interessiere aus theologischer Sicht, wie sich 25 Jahren nach der „Wende“ Kirche und Gesellschaft weiterentwickelt haben.
Mit einem Seminar für Doktoranden „Doppelt fremd. Bedingungen des ostdeutschen Katholizismus“ beginnt deshalb eine Reihe von Veranstaltungen und Initiativen der Fakultät zum Jubiläumsjahr der „Friedlichen Revolution“. Vom 8. bis 10. Mai beschäftigen sich auf Einladung von Prof. Dr. Gabel Studierende und Lehrende aus Erfurt und Würzburg sowie zwei Erasmus-Professoren aus Schweden mit der „Wende“ und der Situation der katholischen Kirche in Ostdeutschland 25 Jahre nach dem Mauerfall. Auf dem Programm steht auch ein Besuch der Gedenk- und Bildungsstätte in der Erfurter Andreasstraße, der ehemaligen Stasi-U-Haft. Am 14. Juni fahren Studierende mit den Professoren Benedikt Kranemann, Josef Pilvousek und Eberhard Tiefensee nach Leipzig. Die Nicolai-Kirche und die „Runde Ecke“, die ehemalige Leipziger Bezirksverwaltung der Stasi, werden besucht. Ein Stadtrundgang wird zu zentralen Orten führen, die im Herbst 1989 eine Rolle spielten. Außerdem sind Gespräche mit Zeitzeugen vorbereitet. Die Redaktion der von der Fakultät herausgegebenen Zeitschrift „Theologie der Gegenwart“ hat eine Reihe kleinerer Beiträge zum historischen Ereignis vorbereitet. Unter den Autoren sind der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, Bischof Dr. Joachim Wanke, der Theologe Heinz Josef Durstewitz und der Publizist Thomas Brose.
Auch verschiedene Lehrveranstaltungen werden sich dem Thema widmen. So wird Prof. Dr. Eberhard Tiefensee im Wintersemester ein Seminar „Der Herbst 1989 in der philosophischen und theologischen Reflexion“ anbieten. Und Professor Pilvousek sowie Mitarbeiter der Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte sind mit thematisch einschlägigen Vorträgen im Land unterwegs. So wird Pilvousek beim Bürgerfest des Thüringer Geschichtsverbundes am 12. Juli den Festvortrag halten. Eine umfangreichere Publikation zur friedlichen Revolution und zur Geschichte des Katholizismus in Ostdeutschland wird darüber hinaus vorbereitet. Beim Patronatsfest „Albertus Magnus“ der Fakultät sollen zudem die Wochen im Herbst 1989 in Erinnerung gerufen werden. Ein Höhepunkt wird im kommenden Wintersemester die Verleihung der Ehrendoktorwürde an den Theologen Tomáš Halík sein, der als Mitglied der tschechischen Untergrundkirche in besonderer Weise eine Person der Zeitgeschichte ist.