Sich in den anderen hineinfühlen, spüren, was es bedeutet, schlecht oder gar nicht sehen zu können, Hilfe annehmen zu müssen und dennoch so selbstständig wie möglich zu bleiben: Studierende der Universität Erfurt wollen sich gemeinsam mit Sehbehinderten auf Spurensuche begeben und dabei die Möglichkeit schaffen, einander ganz neu zu begegnen. Im Seminar „Begegnung“ im Studium Fundamentale haben sie im laufenden Semester die Idee dazu entwickelt. Am Samstag, 25. Juni, findet er nun statt, der Aktionstag „Sehblick“ auf dem Campingplatz in Kühnhausen.
„Wir wollen gemeinsam versuchen, Berührungsängste abzubauen“, erläutern Jana Hofereiter und Annika Vogel, zwei der insgesamt sieben am Projekt beteiligten Studierenden, die Idee hinter der Aktion. „Aus eigener Erfahrung kennen wir die Hilfslosigkeit, mit der man Sehbehinderten manchmal begegnet. Wollen sie unsere Hilfe? Und wenn ja: in welcher Form? Da ist man ja oft selbst nicht sicher. Einerseits will man helfen, auf der anderen Seite aber auch niemanden bevormunden, das ist manchmal gar nicht so leicht“, berichtet Jana Hofereiter und ihre Kommilitonin Annika ergänzt: „Durch den Kontakt mit jungen Erwachsenen, die wir über den Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen kennengelernt haben, konnten wir uns bereits im Vorfeld des Aktionstages dem Thema nähern und eigene Erfahrungen sammeln, z.B. anhand von Spezialbrillen, mit denen sich Sehbehinderungen simulieren lassen. Ich habe wirklich großen Respekt vor Menschen, die mit einer solchen Beeinträchtigung scheinbar normal leben können.“ Und noch etwas haben die Studierenden gelernt: Fällt einer der Sinne aus, werden andere oft stärker ausgeprägt. „Das ist schon beeindruckend“, berichten die Studentinnen, die bei den verschiedenen Treffen mit den Sehbehinderten in den vergangenen Wochen viel über deren Fähigkeiten gelernt haben. Am 25. Juni nun wollen alle noch einmal zusammenkommen und auf den Campingplatz nach Kühnhausen fahren, um dort gemeinsam einen Tag zu verbringen, der erneut die Sinne schärfen soll - beispielsweise auf einem Barfußpfad, den die Teilnehmer beschreiten werden. Außerdem werden Hilfsmittel für Sehbehinderte vorgestellt und natürlich kommt auch die Geselligkeit nicht zu kurz: Am Lagerfeuer soll gegrillt und gemeinsam Musik gemacht werden. Unterstützung bekommen die Studierenden dabei nicht nur von der örtlichen Feuerwehr, sondern auch von der lokalen Wirtschaft, die als Sponsor der Veranstaltung mit im Boot ist.
„Sich mit dem Thema einmal eingehend zu beschäftigen und einen solchen Tag auf die Beine zu stellen, mit allem, was dazu gehört, ist eine wichtige Erfahrung, die ich aus dem Studium Fundamentale mitnehme“, erklärt Annika Vogel. „Aber das Beste an der Geschichte ist, dass ich mich heute im Umgang mit Sehbehinderten einfach sicherer fühle und mich besser in sie hineindenken kann. Dass ich so etwas mal im Studium lernen würde, hätte ich wirklich nicht gedacht.“