Der Genitiv

Der Genitiv als Satzglied: Einführung m. deutschen Beispielen
Der Genitiv der Zugehörigkeit
Der Genitivus qualitatis (der Eigenschaft)
Genitivus subiectivus u. obiectivus
Der Genitivus partitivus (d. geteilten Ganzen)


Der Genitiv

Der Genitiv bezeichnet die Zugehörigkeit einer Sache oder einer Person zu einer anderen. Er erfüllt zumeist die Funktion eines Attributs, steht aber auch als Prädikatsterm bei 'esse' und anderen kopulativen Verben, bei manchen Verben und Adjektiven auch als Objekt. Vgl. dazu im Deutschen:

Attribut: der Inhaber des Amtes (Amtsinhaber)
Prädikatsterm: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.
Objekt: Walte Deines Amtes!

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Der Genitivus der Zugehörigkeit zur Angabe des Besitzers

Wie im Deutschen antwortet der Genitiv auf die Frage "wessen?" und gibt den Besitzer (possidêre = besitzen), die Zugehörigkeit oder den Bereich an, der das übergeordnete Nomen angehört.

cônsilium Gallôrum der Plan der Gallier

Der Genitivus possessivus kann als Satzteil entweder ein Attribut oder Prädikatsterm bei 'esse' sein, das in diesem Falle mit 'gehören' übersetzt wird.

Attribut: Caesar cônsilium Gallôrum cognôscit. Cäsar erfuhr vom Plan der Gallier.
Prädikatsterm: Oppidum Gallôrum est. Die Stadt gehört den Galliern.
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Der Genitivus qualitatis (der Eigenschaft)

Der Genitivus qualitatis bezeichnet wie der Ablativus qualitatis Ablativus qualitatis die Eigenschaft (lat. 'quâlitas' = 'Eigenschaft') einer Person oder Sache. Er ist von einem adjektivischen Attribut begleitet. Die Fragestellung lautet: "von welcher Eigenschaft?" bzw. "was für ein?".

vir mâgnae virtûtis ein Mann von großer Tapferkeit
besser:
ein sehr tapferer Mann

Im Satz erfüllt der Genitivus qualitatis entweder die Funktion eines Attributs oder die eines Prädikatsterms bei 'esse' und anderen kopulativen Verben wie z.B. ' vidêrî - scheinen, haberî - gelten als, fierî - werden, manêre - bleiben'. Unterscheiden Sie:

Attribut: Orgetorix vir magnae virtûtis est. Orgetorix ist ein Mann von großer Tapferkeit.
besser:
Orgetorix ist ein sehr tapferer Mann.

Pädikatsterm: Orgetorix magnae virtûtis est. Orgetorix ist von großer Tapferkeit.
besser:
Orgetorix ist sehr tapfer.

Im ersten Satz ist "magnae virtûtis" Attribut zu 'vir', im zweiten Prädikatsterm zu 'esse'.

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Genitivus subiectivus und obiectivus

Steht der Genitiv als Attribut bei einem Substantiv, daß eine Tätigkeit oder eine Empfindung ausdrückt kann der Genitiv entweder Subjekt (Genitivus subiectivus) oder Objekt (Genitivus obiectivus) der im Bezugswort enthaltenen Verbalhandlung sein. Vgl. das folgende Beispiel:

oppûgnâtio Belgârum die Belagerung der Belger

In beiden Sprachen kann der Genitiv 'Belgârum' bzw. 'der Belger' sowohl als Subjekt als auch als Objekt der Belagerung verstanden werden: Entweder belagern die Belger selbst jemand anderen (Genitivus subiectivus), oder jemand anders belagert die Belger (Genitivus obiectivus). Über das Gemeinte gibt – besonders wenn es sich bei dem Genitiv um Personen handelt – lediglich der Zusammenhang Auskunft.

Im Deutschen ist jedoch der Genitivus obiectivus wesentlich seltener möglich als im Lateinischen. Zumeist muß daher ein lateinischer Genitivus obiectivus durch ein präpositionales Attribut wiedergegeben werden:

Beispiel als Genitivus subiectivus als Genitivus obiectivus
timor Rômanôrum die Furcht der Römer die Furcht vor den Römern

Welche Präposition bei der Übersetzung des Genitivus obiectivus angebracht ist, hängt vom übergeordneten Substantiv ab:

spês salûtis die Hoffnung auf Rettung
timor mortis die Furcht vor dem Tod
cônsensiô omnium rêrum die Übereinstimmung in allen Dingen
iniûria Haeduôrum Unrecht gegenüber / an den Häduern
potestâs vîtae necisque Macht über Leben und Tod

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Der Genitivus partitivus (Teilungsgenitiv)

  • Der Begriff Genitivus partitivus leitet sich her von lat. "pars partis f – Teil".
  • Er steht als Attribut bei Mengenbegriffen wie z.B. "ûnus – einer" oder "multitûdo – Menge" und bei den Neutra von Pronomina z.B. "quid - was?" oder "id – dies".
  • Der Genitivus partitivus bringt zweierlei zum Ausdruck:

    1. Im Genitiv steht das Ganze, von dem das regierende Wort einen Teil ausmacht, z.B.

      ûnus Gallôrum einer von den Galliern
      einer der Gallier

      Statt eines Genitivus partitivus kann hier, vgl. die deutsche Wiedergabe durch "von" auch ein Ablativ mit den Präpositionen "ex" oder "de" stehen:

      ûnus ex / dê Gallîs einer von den Galliern
      einer der Gallier

    2. Zum anderen drückt der Genitivus partitivus aus, woraus ein unbestimmter Mengenbegriff wie z.B. "magnus numerus – eine große Anzahl", "multitûdô – Menge" oder "côpia – Vorrat" besteht. In diesen Fällen wird der Genitiv im Deutschen meist nicht als solcher übersetzt, oft empfiehlt sich eine Wiedergabe durch ein zusammengesetztes Substantiv:

      magnus numerus Gallôrum eine große Anzahl Gallier
      multitûdô hominum eine Menge Menschen eine Menschenmenge
      côpia frûmentî Getreidevorrat

      Ebenfalls nicht als Genitiv übersetzt wird der Genitivus partitivus, wenn er vom Neutrum eines Pronomens wie "quid" oder "id" abhängt:

      quid cônsiliî? was für ein Plan?
      welcher Plan?
      id cônsiliî dieser Plan

 

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Copyright © 1998: Ursula Renziehausen-Espelage    ---   letzte Änderung: 08.11.98